Erinnerungen an Gewalterfahrungen: Zwischen Realität, Trauma und therapeutischer Verantwortung
Nur für Fachleute
Einführung:
Gewalterfahrungen sind weit verbreitet und oft mit schweren körperlichen und psychischen Folgen verbunden. Traumabezogene Erinnerungen spielen in der Therapie eine zentrale Rolle, sind aber auch fehleranfällig, lückenhaft und beeinflussbar - durch innere Dynamiken sowie äußere Suggestionen und Wertungen.
Die moderne Psychotraumatologie bietet neue Ansätze, um behutsam mit dieser Komplexität umzugehen. Doch wie können Fachpersonen traumabezogene Erinnerungen professionell begleiten, ohne zu suggerieren oder zu bagatellisieren? Dr. Gysi zeigt anhand aktueller Forschung und klinischer Beispiele, wie Erinnerungen verantwortungsvoll eingeordnet werden können. Der Vortrag vermittelt Achtsamkeit, Respekt und Vorsicht im Umgang mit traumabezogenen Erinnerungen.
Themenschwerpunkte:
- Unterschied zwischen traumatischen und „normalen" autobiografischen Erinnerungen: Entstehung, Struktur und Dynamik
- Begleitung von Offenlegungsprozessen ohne Suggestion: Was brauchen Gewaltbetroffene, um Erlebtes mitteilen zu können?
- Wie können Therapeut:innen dies wirksam tun, ohne unbeabsichtigt Gewalterfahrungen zu suggerieren?
- Falschbeschuldigungen und ihre psychischen Hintergründe: Persönlichkeitsstörungen, Pseudologia fantastica, artifizielle Störungen und ihre Bedeutung für Diagnostik und Setting
- Falschbeschuldigungen gegenüber Therapeut:innen: z.B. im Zusammenhang mit Münchhausen-Syndrom, False Retractor Syndrome oder de-Clérambault-Syndrom; Schutzmaßnahmen in der Traumatherapie
- Fehlerhafte Erinnerungen: empirisch belegte Verzerrungen, Auslassungen und Rekonstruktionen; Leitlinien im Umgang mit traumabezogenen Erinnerungen
- Falsche Erinnerungen als Vermeidungsstrategie: Warum Erinnerungen an eine idealisierte Kindheit auch Schutzmechanismen sein können (z.B. posttraumatische Vermeidung, Late-Onset-PTBS, „Mnestic Block Syndrome"
- Suggestionsmöglichkeiten in beide Richtungen: Suggestionen von Gewalterfahrungen können ebenso schwerwiegend sein wie deren Invalidierung
Ziel des Vortrags:
Das Referat richtet sich an Ärzt:innen, Psychotherapeut:innen, Sozialarbeitende und andere Fachpersonen, die im professionellen Kontext mit traumabezogenen Erinnerungen arbeiten. Es zeigt praxisnah, wie eine respektvolle, fundierte und absichernde Begleitung möglich ist - ohne vorschnelle Deutungen oder Zweifel. Es geht nicht um die endgültige Klärung aller Fragen, sondern um eine differenzierte, respektvolle und fachlich fundierte Auseinandersetzung mit diesem hochsensiblen Thema.
Im Anschluss an den Vortrag, gibt es eine 10-Minütige Fragerunde.
Anmeldeschluss für den Vortrag: Montag, der 17.11.2025, 18 Uhr.

Dr. Jan Gysi
Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie, Spezialisierung in der Diagnostik und Therapie von Traumafolgestörungen. Langjährige Tätigkeit als Oberarzt in psychiatrischen Kliniken
Termin
Do, 20.11.2025, 18:00 – 19:30 Uhr
Online-Angebot
Gebühr: 50,00 €